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Ohne Hoffnung ist der Glaube lieblos.

Glauben auf der Höhe der Zeit, aus der Tiefe des Sein gelingt nur im Kraftfeld des Geistes von Jesus mit seiner Liebe.        

Kirchen sind dafür lediglich Herbergen auf dem Wege.

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(1) Modernes Format kirchlicher Friedensethik

These 1:

Frieden - Gerechtigkeit - Bewahrung der Schöpfung

in diesen drei Dimensionen hat sich kirchliche Friedensethik zu entfalten.

Dabei schwingt das kritische Bewusstsein von Geschichte überall mit.

Was da war, was da ist, was da sein wird

- Vernunft und Gefühl versuchen, es im Gewissen zu verstehen und zu verantworten.

These 2:

„Schalom“ ist im „konziliaren Prozess“(ab 1983) zum Systembegriff geworden.

Dieser Wert gilt dabei global und universal.

These 3:

In geschichtlicher Dynamik wird Gerechtigkeit als Grundlage von Frieden gesehen.

In der Bewahrung der Schöpfung wiederum meldet sich die Gerechtigkeit künftigen Generationen gegenüber. 

These 4:

„Gerechtigkeit“ erweist sich als ethischer Leitbegriff.

Katastrophale Erfahrungen haben das Verständnis von „Gerechtigkeit“ ausgestaltet.

So ist es zur Formulierung der „Menschenrechte“ gekommen.

Friedensethik im umfassenden Sinn wird sich an den Menschenrechten orientieren.

These 5:

Alle geschichtlichen Wirksamkeiten der Menschen sind in die Friedensethik einzubeziehen:

Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Technik, Bildung und Kultur im weitesten Sinne,

also auch die Religionen und Kirchen.

These 6:

Das Verständnis und die Geltung der Menschenrechte

werden von den gesellschaftlichen Machtverhältnissen auch gegenwärtig noch bestimmt.

Machthaber und Besitzstarke wollen sich Menschenrechten als Kriterium nicht unterwerfen.

Das wirkt auch in Religionen und Kirchen hinein. 

 

(2) Kriterien für kirchliche Friedensethik

These 7:

Das komplexe Format Frieden / Gerechtigkeit / Bewahrung der Schöpfung

ist das Grundaxiom kirchlicher Friedensethik.

Alle weiteren Kriterien haben sich innerhalb dieses Zusammenhanges zu verantworten.

These 8:

Das dreifältige Grundaxiom ist gegenwärtig konkreter bestimmt in den Leitworten „Kein Krieg!“, „Menschenrechte für alle überall!“ und „Nachhaltigkeit!“. Also: keine gewalttätige Politik, keine unsoziale oder gar asoziale Wirtschaft, keine Lebenskultur auf kosten künftiger Generationen!

These 9:

Kirchliche Friedensethik begründet sich dabei aus kirchlich verbindlichen Traditionen.

Allerdings sind diese „charismatisch“ auszulegen.

Kirchliche Dogmen und biblische Glaubensaussagen sind kraft des „Heiligen Geistes“ zu verstehen (2.Kor 3,6+17).

Moderne Theologie hält sich liberal-pietistisch deutlicher an den „Geist Jesu“.

Der Glaubensgeist Jesu möchte so unter unseren anderen geschichtlichen Verhältnissen zur Wirkung kommen.

These 10:

Im Geist Jesu ist kirchliche Friedensethikintegrativ herausgefordert:

„Gottes Barmherzigkeit“ (Lk 6,27-36; Mt 5,43-48) umfasst stets Freund und Feind.

Und im „Noah-Bund“ (1.Mos 9,8-17) stellt Gott alles Leben von Mensch und Tier unter den Schutz seines Segens.

 

(3) Wege und Mittel im Urteil kirchlicher Friedensethik

These 11:

Kirchliche Friedensethik richtet sich nach der Wirkung des Verhaltens und der herrschenden Verhältnisse.

Als Verantwortungs-Ethik erscheint ihr gut,

            was dem Frieden dient (Röm 12,17-21),

            was Gerechtigkeit befördert (Mt 5,6),

            was die Lebenswelt pflegt (1.Mos 2,15). 

These 12:

Die Qualität des Verhaltens und der Verhältnisse

wird mit einer „Option für die Armen“ und für alle Opfer zu beurteilen sein.

Diesem Grundsatz aus der Befreiungstheologie hat sich die EKD in allgemeiner Form angeschlossen.

„Die Option für die Armen ist ein theologisches Prinzip,

das eine besondere Parteinahme für die Armen betont und in den 1960er und 1970er Jahren

in den von der Theologie der Befreiung geprägten lateinamerikanischen Kirchen wiederentdeckt wurde.

Diese Option beruht auf dem Ersten Bund mit dessen Prophetien für die Witwen und Waisen.“

„Doch erst 1997 griffen die EKD und die Deutsche Bischofskonferenz diese Herausforderung ansatzweise auf

und formulierten in ihrer gemeinsamen Denkschrift Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit:

„Die christliche Nächstenliebe wendet sich vorrangig den Armen, Schwachen und Benachteiligten zu.

So wird die Option für die Armen zum verpflichtenden Kriterium des Handelns.“

Sie erklärten soziale Gerechtigkeit zum Zentralbegriff christlicher Sozialethik,

folgerten daraus jedoch keine Strukturveränderungen im Produktionsbereich und Umverteilung von Kapitalmacht,

sondern „Chancengleichheit“ und „gleichwertige Lebensbedingungen“ (3.3.3.),

benutzten also Begriffe, die auch in fast allen Programmen politischer Parteien vorkommen.“

(https://de.wikipedia.org/wiki/Option_für_die_Armen. Zugriff 20.08.2022)

These 13:

Die sozialkritischen Traditionen in der Bibel

bemessen am Wohlergehen der Machtlosen das Recht der Machthaber.

Strukturelle Ungerechtigkeiten und persönliche Gewalttätigkeiten

wirken sich unheilvoll auf die Zukunft der Gesellschaft und der Gewalttäter aus.

(Jesaja 58; Amos 5; Matthäus 25; Lukas 16)

These 14:

Methoden und Mittel in Politik, Wirtschaft und Kultur

sind also ethisch nach deren Wirkung bei den Betroffenen einzuschätzen.

 

(4) Fürsorge für alle

These 15:

Kirchliche Friedensethik enthält eine Fürsorgepflicht bei Feindseligkeiten.

So sind die biblischen Leittexte zur „Nächstenliebe“ (Lk 10,25-37) gemeint,

im Ernstfall bis hin zur „Feindesliebe“ (Röm 12,17-21):

(17) Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann.

(18) Ist's möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden.

(19) Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes;

denn es steht geschrieben (5.Mose 32,35): »Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.«

(20) Vielmehr, »wenn deinen Feind hungert, gib ihm zu essen; dürstet ihn, gib ihm zu trinken.

Wenn du das tust, so wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln« (Sprüche 25,21-22).

(21) Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.

These 16:

Die Fürsorgepflicht geht von der Unantastbarkeit der Würde eines jeden Menschen aus.

Diese Menschenwürde beinhaltet den Anspruch auf die unveräußerlichen Menschenrechte.

Im umfassenden Sinn sind sie in der Charta der Menschenrechte (UNO 1948)

und in verbindlichen Menschenrechtskonventionen (UNO 1966 „Zivilpakt“, „Sozialpakt“) beschrieben.

In der EKD-Denkschrift „Aus Gottes Frieden leben - für gerechten Frieden sorgen“ (2007)

werden diese Menschenrechte als Anforderungen an einen „gerechten Frieden“ vorgestellt.

These 17:

Die Verwirklichung der Menschenrechte als Kennzeichen eines „gerechten Friedens“

braucht eine Dominanz der Politik.

Es geht darum, in dieser Hinsicht eine „Befähigungsgerechtigkeit“ durchzusetzen (Denkschrift EKD Absatz 185).

Sicherheit und Entwicklung brauchen den politischen Schutz vor Gewalt und Not.

These 18:

„Daseinsvorsorge“ ist ein wesentliches Menschenrecht.

Dieses Anrecht ist von der Politik gesetzlich zu regeln.

Das derzeitige Wirtschaftssystem des „Kapitalismus“ mit seiner „Marktwirtschaft“,

dominierend mit seiner „Finanzwirtschaft“,

garantiert nicht die sozial-ökologische Daseinsvorsorge.

 

(5) Widerstand gegen Frevler und Frevel am Frieden

These 19: Kirchliche Friedensethik kennt das biblische Widerstandsrecht:

„Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ (Röm 12,21).

Umstritten ist, wie das Böse mit Gutem zu überwinden ist,

     in der persönlichen Konfrontation mit böswilligen Gewalttätern,

     in der persönlichen Konfrontation mit strukturell bösartiger Gewalt.

Einzelne biblische Ratschläge dazu sind sehr verschiedenartig:

            (a) Festhalten an eigener Gewaltlosigkeit mit Leidensbereitschaft

            unter böswilligen Gewalttätern oder bösartiger Gewaltstruktur.

                        > Mt 5,39-41: Ich aber sage euch, dass ihr nicht widerstreben sollt

                               dem Übel, sondern: wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt,

                               dem biete die andere auch dar.

                               Und wenn jemand mit dir rechten will und dir deinen Rock nehmen,

                               dem lass auch den Mantel.

                                Und wenn dich jemand nötigt, eine Meile mitzugehen,

                               so geh mit ihm zwei.

                Genauer gesehen: Das ist kein passives Aushalten von Gewalt,

            sondern ein demonstrativer Werbeversuch zur Überwindung von

            ungerechter Gewalt.

            (b) Vertrauen auf eine übergeordnete Macht, die der Ungerechtigkeit

            von Gewalttätern und Gewaltstrukturen ein Ende setzt.

                        > Röm 12,19 ist das Gott; Röm 13,4 ist das eine „Obrigkeit“:

                        Denn sie ist Gottes Dienerin, dir zugut. Tust du aber Böses, so fürchte dich;

                               denn sie trägt das Schwert nicht umsonst: Sie ist Gottes Dienerin und

                               vollzieht das Strafgericht an dem, der Böses tut.

            (c) Das Gute bestimmt sich von Gott her dem gebundenen Gewissen.

                        Röm 12,2: Und stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert

                       euch durch Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt,

                       was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene.

            Wo das von Gott gebotene Gute von Menschen nicht anerkannt wird,

            gilt Apg 5,29: Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.

These 20:

Liberal-pietistisch ist biblische Widerstandsrecht auf die politische Form der Demokratie zu übertragen.

Die Gesellschaft insgesamt und darin alle Einzelnen tragen Verantwortung für Frieden in Gerechtigkeit für das Leben.

These 21:

Die wirtschaftliche Globalisierung der Menschheit

erfordert eine politische Globalisierung der sozial-ökologischen Aufgaben.

Der Weltfrieden ist dabei Grundbedingung für ein menschenwürdiges Zusammenleben und Überleben der Menschheit.

Derzeit wird die Weltwirtschaft nicht zureichend politisch humanisiert.

Das zeigt sich an den Kriegen, Bürgerkriegen, sozialen Nöten und ökologischen Katastrophen.

These 22:

Eine menschenwürdige Perspektive für die Menschheit kann sich nur ergeben,

            wenn die Menschheit zu einer „Welt-Innenpolitik“ findet,

            wenn die Weltwirtschaft sich sozial-ökologischen Regelungen unterwirft,

            wenn die unterschiedlichen Kulturen sich in „versöhnter Vielfalt“ zusammenfinden und zusammenhalten.

These 23:

Kirchliche Friedensethik kann sich in religiöser Verantwortung

einer solchen Rechtsordnung für Frieden in Gerechtigkeit zum Leben einfügen.

Die EKD Denkschrift

„Aus Gottes Frieden leben - für gerechten Frieden sorgen“

bietet dafür ein taugliches Denkmodell (86-103):

            Kollektive Friedenssicherung, Universalität und Unteilbarkeit der

            Menschenrechte, transnationale soziale Gerechtigkeit, kulturelle Vielfalt.

            Politische Gewalt ist dabei nur noch als „rechtserhaltende Gewalt“ zu verstehen und zu verantworten.

Thesen 1-23 in einer Diskussion am 21.09.2022 in Wustenried von Pfarrer i.R. Dr. Friedrich Wallbrecht

Bekennen in der Friedensfrage  (Aktualisierte Fassung von Januar 2014)

Pfarrer Dr. Friedrich Wallbrecht

 

Nach dem zweiten Weltkrieg endlich kam es 1948 in Amsterdam

zu dem klaren Bekenntnis: „Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein.“

 

            Christen hatten dazu gelernt: Was Soldaten im Krieg auf Befehl hin anrichten, alles Besetzen und Zerstören, Verletzen und Töten, das ist gegen Gottes Willen, darf sich nicht auf ihn berufen. Die Aufschrift auf dem Koppelschloss „Gott mit uns“ ist eine der größten, frevelhaften Glaubenslügen gewesen, genauso wie jener berüchtigte Aufruf, „Gott will es“, zu Beginn der Kreuzzüge. Es gibt keinen gottwohlgefälligen Krieg. Gott ist dagegen, leidet auf der Seite der Opfer und lässt Krieger schmählich untergehen, damit Frieden sich wieder aufrichten kann.

            Diese friedensethische Einsicht kommt in der Bibel erst allmählich zum Vorschein. Im Alten Testament wird da und dort erzählt, Gott selbst habe Kriege geführt und Kriege angeordnet. Für das Glück seiner Auserwählten habe er Vertreibung und Tod anderer billigend in Kauf genommen. Die Propheten mit Machtkritik und Gerechtigkeitssinn aber haben jenes Gottesbild schon im Alten Testament als gottlose Einbildung und Ausrede verdächtigt. Erst Jesus im Neuen Testament allerdings macht für den Gottesglauben und die Friedensethik eindeutig klar: Was immer in grauer Vorzeit auch geglaubt und getan worden ist, von nun an gilt eindeutig die Aufgabe, „Frieden auf Erden“ als Versöhnung der Verfeindeten anzustreben. „Gerechtigkeit für alle“, „täglich Brot“ für jedermann, „keine Gewalt“ und leidensbereites, „barmherziges“ Entgegenkommen, so klingt das in der Bergpredigt, dem Grundgesetz christlicher Ethik.

            Kann man da als Christ Soldat sein? Vom christlichen Glauben her geht das eigentlich nur mit schlechtem Gewissen, und das lässt sich mit Befehlen und Mehrheitsentscheidungen auch nicht beruhigen. Was Soldaten nämlich mit Waffen und Gewalt anrichten, schafft keinen Frieden, macht dazu nicht einmal einen Anfang. Allenfalls kann ein sich drehendes Karussell von Gewalt einmal mit Gewalt für einige Augenblicke angehalten werden. Wenn dann die Ursachen von Gewalt nicht sofort nachhaltig friedlich und gerecht überwunden werden, beginnt sich jenes Karussell bald und dann furchtbarer wieder zu drehen.

            Soldaten und ihre um sie besorgten Angehörigen sollten wissen: Sie kommen immer dann zum Einsatz, wenn zuvor Politiker allzu selbstgefällig, Wirtschaftsunternehmen allzu gewinnsüchtig und sie selbst mit vielen anderen aus der Bevölkerung sich allzu gedankenlos und kulturlos aufgeführt haben.

            Eine grundsätzliche Absage an eine solche Friedensethik wird derzeit öffentlich nicht verbreitet. Was jedoch weiterhin und sogar wieder zunehmend um sich greift, sind beschönigende Halbwahrheiten und beschwichtigende Vertröstungen. Als ob es auch „gerechte Kriege“ gäbe, nämlich von Seiten der „Guten“ im Kampf gegen die „Bösen“. Und als ob es kriegerische Mittel gäbe, aus einer Notlage heraus einen Weg zum Frieden anzubahnen, oder gar freizukämpfen. In der Logik des Krieges liegt es, dem Gegner seine Menschenrechte, gerade sein Recht auf Leben abzuerkennen. Dass dieses Lebensrecht bei Unterwerfung wieder zuerkannt wird, zeigt nur, in was für einem moralisch katastrophalen Zustand sich jede Gewalt anwendende Seite im Krieg befindet. Krieg ist folglich menschenrechtlich und damit auch völkerrechtlich in keinem Fall zu rechtfertigen. Es gibt demnach nicht nur Kriegsverbrechen in einem Krieg, sondern der Krieg selbst ist so oder so ein Verbrechen, und zwar für alle Beteiligten.           

            Bleibt noch die Ausrede, Gewalttäter und Verbrecher könnten nur mit Gewalt an weiteren Untaten und Verbrechen gehindert werden, was im größeren Rahmen eben einen „Krieg gegen den Terror“, einen „Befreiungskampf“ oder „militärisch robuste friedenssichernde Maßnahmen“ benötigen würde. Stillschweigend wird der wesentliche Unterschied zwischen militärischer Kriegführung und polizeilicher Gewaltanwendung übergangen. Zivilisierte und moralisch gerechtfertigte Polizeigewalt wird immer die Menschenwürde, besonders das Recht auf Unversehrtheit und Leben beachten. Christen stehen dabei in der besonderen Verantwortung, „Nächstenliebe“ im Sinne von Jesus bewusst als „Feindesliebe“ zu bewähren.    

            Gewaltige Kräfte stehen einer solchen Friedensethik entgegen. Unsummen werden an Rüstungsgütern verdient. Unwiderstehlich ist der Drang von Machthabern, durch Militarisierung nach innen und außen sich an der Macht zu halten. Unheimlich spannend und befriedigend sind Bilder, Spiele und Übungen kriegerischer Gewalttaten offensichtlich für viele.

            Eigenes Erleben und Erleiden von Krieg lässt zwar schnell Abscheu und Schuldbewusstsein entstehen, solches wird aber meist in der Sorge ums eigene Überleben, in der Fürsorge für eigene Angehörige und Kameraden erstickt. Später verdrängen Entbehrungen und Erfolge in den Nachkriegszeiten eine politisch wirksame Kritik an den Kriegen in der Geschichte.  

            Gegenwärtig erleben wir eine zunehmende Militarisierung in der Außenpolitik und auch in der Innenpolitik. Langfristig und eigentlich geht es um die Absicherung von Wohlstands- und Gewinnzonen in der Weltwirtschaft. Der überproportional ansteigende Kostendruck durch die Zinseszinsforderungen des spekulativen Finanzkapitals beschädigt und zerstört die sozialen Grundlagen auch in den Ländern, wo auch Ärmere noch einigermaßen menschenwürdig leben können. Die politische Struktur setzt dort zunehmend auf Überwachung und Reglementierung der bedürftigen und potentiell unzufriedenen Schichten. Die öffentliche Meinung wird mit Mitteln der Unterhaltungskunst gestaltet und gelenkt. Ein politisch und gesellschaftlich verantwortlicher Diskurs, der in Gruppen und Nischen noch stattfindet, wird in der Öffentlichkeit von Medien, Parteien und auch Kirchen nicht gefördert.

            „Friedensethik“ ist gegenwärtig wieder ein subversives Thema geworden. Was sich dagegen vor ein dringlich notwendiges Nachdenken stellt, sind lärmende und in Deutschland immer mehr selbstgefällige oder selbstmitleidige Erinnerungs-Feste. „Krieg und Frieden“ wird 2014 mit Rückblick auf 1914 und 1939 bedacht. Was aber ist mit der ungenierten Kriegs-Politik der Herrschenden in den USA? Was ist mit der zunehmenden Kriegsbereitschaft in der EU, wo inzwischen auch ungeniert eigene wirtschaftliche Interessen als Kriegsgründe besprochen werden. Hinter die politische Kultur des Helsinki-Abkommens 1975 sind wir weit zurückgefallen. Oder war das damals auch schon nicht so wirklich ernst gemeint?  

            Bleiben wir gewissenhaft und beim Bekennen in der Frage des Friedens standhaft! Das Unmenschliche jedes Krieges zeigt sich in seinen „Opfern“ an Menschenleben. Der Frieden dagegen als menschenwürdige Ordnung braucht keine „Opfer“. Er verdankt sich nicht dem Sieg der Stärkeren, sondern der Versöhnung von Verfeindeten. Und der Weg zum Frieden beginnt dort und nimmt da seinen Fortgang, wo inmitten von Feindseligkeit, Streit, Kampf und Krieg schon Versöhnung begonnen und ausgeweitet wird. Denn der Wert des Lebens zeigt sich nicht in der Kraft zum Überleben, sondern in der Weisheit des Zusammenlebens, ja des Miteinander Lebens.